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Auslandseinsätze der Bundeswehr (Teil 3) - Erste Beratergruppeneinsätze in Afrika ab 1963

Seit ihrer Aufstellung im Jahre 1955 hat die Bundeswehr nicht nur ihre primäre Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung wahrgenommen. In großer Zahl wurden deutsche Soldatinnen und Soldaten weltweit zu humanitärer Hilfe und, nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, auch in militärische Einsätze im Rahmen der internationalen Krisen- und Konfliktbewältigung entsandt. Zu dieser wichtigen Facette der Geschichte der Bundeswehr ist im Bundesarchiv umfangreiches Archivgut überliefert, das in einer aus mehreren Teilen bestehenden virtuellen Ausstellungsreihe exemplarisch vorgestellt wird.

  • BRD (ab 1949)

Hintergrundinformationen

Auslandseinsätze der Bundeswehr (3) – Erste Beratergruppeneinsätze in Afrika ab 1963

Hintergrundinformationen

Zahlreiche Unabhängigkeitsbewegungen leiteten auf dem afrikanischen Kontinent bis Anfang der 1960er Jahre das Ende der Kolonialzeit ein. Im Rahmen der Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe der Bundesregierung wurden in einige dieser neu entstandenen Staaten sogenannte Beratergruppen der Bundeswehr geschickt, die beim Auf- und Ausbau der dortigen Streitkräfte unterstützen sollten. Auf Grundlage von bilateralen Verwaltungsabkommen wurden Hilfsleistungen in Form von Materiallieferungen und der Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Kräfte sowohl in der Bundesrepublik als auch im Ausland vereinbart und initiiert. Die Geschichte der Beratergruppen ist an der Schnittstelle von innenpolitischen, zwischenstaatlichen und globalen Handlungsfeldern angesiedelt und eröffnet zeitgenössische Perspektiven auf die Entwicklung in den jeweiligen „Empfängerländern“. Darüber hinaus stellen sie eine wenig bekannte Episode aus der Frühphase der Bundeswehr dar und können als Auslandseinsätze im weitesten Sinne verstanden werden. In ihren sicherheitspolitischen Zielsetzungen weist die Tätigkeit der Beratergruppen zudem zahlreiche Parallelen zur 2016 ins Leben gerufenen Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung auf: Beide verfolgen das Anliegen, gemeinsam mit lokalen Akteuren eine frühzeitige und nachhaltige Konfliktprävention in potentiellen Krisengebieten zu betreiben. Die folgenden Beispiele präsentieren die Facettenvielfalt der ersten Einsätze südlich der Sahara und die mit ihnen verbundenen Konfliktkonstellationen.

Interkulturelle Begegnungen und innenpolitische Spannungen: Die Beratergruppe in Nigeria (1963-1967)

Die Tätigkeit der Beratergruppen war ein Einsatz jenseits der Routine des Übungs- und Ausbildungsalltags in der Bundesrepublik und ging mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko einher. Das zeigt sich besonders im Fall Nigeria, einem der größten und bevölkerungsreichsten Länder Afrikas. Von 1963 bis 1967 war eine Beratergruppe vor Ort, um Unterstützung beim Aufbau der nigerianischen Luftwaffe (NAF) zu leisten. Parallel dazu absolvierten nigerianische Soldaten regelmäßig Ausbildungseinheiten in der Bundesrepublik. Das Projekt ging auf beiden Seiten mit interkulturellen Begegnungen, aber auch mit verschiedenen Herausforderungen einher, die das Leben in einer ungewohnten Umgebung mit sich bringt.

Das deutsch-nigerianische Verwaltungsabkommen von 1963 betonte ausdrücklich, dass die Angehörigen der Beratergruppe sich jeglicher politischen Tätigkeiten enthalten und unter keinen Umständen bei Kampfhandlungen eingesetzt werden sollten. Damit wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass Nigeria aufgrund der wachsenden Spannungen zwischen der muslimisch geprägten Nordregion und dem christlich-animistischen Süden als potentielles Krisengebiet galt. Nach zwei Militärputschen im Januar und Juli 1966, die mit Massakern einhergingen und schließlich in einem Bürgerkrieg mündeten, verlor die Beratertätigkeit ihre Grundlage: Bis Juli 1967 wurden die militärischen Berater aus Nigeria abgezogen. Zurück blieb ein verkleinertes Techniker-Team des Flugzeugherstellers Dornier, das auf kommerzieller Basis weiterarbeitete.

Zwischen blockpolitischen Fronten: Die Beratergruppen in Tanganjika/Tansania (1964-1965)

Die Projekte der Luftwaffen- und Marineberatergruppen in Tanganjika/Tansania sind trotz ihrer kurzen Lebensdauer von August 1964 bis Februar 1965 ein eindrucksvolles Beispiel für die bewusste Anwendung geopolitischer Instrumentarien in Form der Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe im Kalten Krieg. Schließlich war das bereits ausgedehnte Engagement der DDR im Inselstaat Sansibar Anlass, bundesrepublikanische Einflusssphären in Afrika auszubauen. 1964 schloss sich Sansibar mit Tanganjika zur Vereinigten Republik von Tanganjika und Sansibar zusammen. Besondere Vorkommnisse, die die Konkurrenz zwischen den Blockparteien abbildeten, spiegeln sich deutlich in der Überlieferung der Beratergruppen wider. Selbst harmlos wirkende alltägliche Interaktionen, wie das zufällige Zusammentreffen von Angehörigen der Beratergruppe und Arbeitern aus der DDR im September 1964, zogen konfliktgeladene Korrespondenzen nach sich. Die Annahme chinesischer Militärhilfe durch den tanganjikischen Staat bildete einen globalen Präzedenzfall, der in Bonner Ministeriumskreisen für Empörung sorgte. Höhepunkt der Konflikte war schließlich die offizielle Anerkennung eines DDR-Konsulats in der Hauptstadt Daressalam durch die tanganjikische Regierung. Als Konsequenz daraus folgte im Februar 1965 auf einen Kabinettsbeschluss der Bundesregierung der Abzug beider Beratergruppen, da ein andauerndes Engagement der BRD die Verletzung der Hallstein-Doktrin (1955–1969) bedeutet hätte. Vorangegangene Versuche, die Hilfsleistungen als außenpolitisches Druckmittel einzusetzen, waren damit gescheitert. Der bundesrepublikanische Alleinvertretungsanspruch hatte nicht durchgesetzt werden können.